Porsche? Volkswagen? oder VW-Porsche? – ja was denn nun! Der Porsche 914: eine kleine Typenkunde der zwei Modelllinien

Porsche und Volkswagen beschlossen zu Beginn der 1970er Jahre, einen gemeinsamen Sportwagen zu bauen. Während Volkswagen eine sportliche Angebotsergänzung im Modellangebot anstrebte, wollte Porsche ein günstiges Einstiegsmodell eines bezahlbaren Sportwagens etablieren. Beschlossen wurde das mit Handschlag zwischen Volkswagen-Chef Nordhoff und Ferry Porsche. Doch leider verstarb der VW-Konzernlenker Nordhoff kurz nach der Fertigstellung des ersten Prototyps – und die Rangeleien nahmen ihren Anfang. Porsche und Volkswagen einigten sich schließlich auf einen Kompromiss und gründeten diesmal vertraglich geregelt die VW-Porsche Vertriebs GmbH, die zunächst in Stuttgart und wenig später nach Ludwigsburg umzog. Mit ein Grund, weshalb die ersten Werksfotos mit Ludwigsburger Kennzeichen (LB) abgelichtet wurden. Die VW-Porsche Vertriebs GmbH, kurz VG genannt, kümmerte sich fortan um die Vermarktung des Typ 914, der bei VW intern den Werkscode Typ 47 besaß. Gebaut wurden alle 914er Karosserien bei Karmann in Osnabrück. Während Karmann für VW die 914/4 Modelle komplettierte, ging ein Teil der Karosserien nach Stuttgart zu Porsche, die den 914/6 montierten. Fortan waren zwei Grundtypen auf dem Markt, die auch beim Kraftfahrt-Bundesamt KBA eigene Herstellerschlüssel bekamen. Zum einen der VW-Porsche 914/4 mit dem Volkswagen-Herstellerschlüssel 0600 und zum anderen der Porsche 914/6 mit dem Porsche-Herstellerschlüssel 0583. Im Verlauf ihrer Bauzeit kamen beim VW-Porsche noch 1.7 Liter, 1.8 Liter und 2.0 Liter 4-Zylinder-Boxermotoren hinzu, während Porsche seinen 914/6 einen 6-Zylinder-Boxer mit 2 Liter Hubraum spendierte der aus dem 911 T Modell kam.

VW-Porsche 914/4 mit VW-Motoren, Porsche 914/6 mit Porsche Motor

Korrekterweise werden die 4-Zylinder-Modelle von Volkswagen als VW-Porsche bezeichnet, denen während ihrer Bauzeit von 1969-1976 der Volkswagen Motor des Typ 4 mit D-Jetronic-Einspritzung, 1.7 Liter Hubraum und anfangs 80 PS Leistung eingebaut wurde. Das 6-Zylinder-Boxermodell von Porsche hatte die Typenbezeichnung 914/6 und hatte einen 2-Liter-Motor von Porsche, der anfangs 110 PS leistete. Der kompakte Zweisitzer mit abnehmbarem Targa-Dach, das im Kofferraum verstaut werden konnte, basierte auf der sogenannten Mittelmotorbauweise, der direkt hinter den beiden vorderen Sitzen montiert war. Charakteristisch am 914er sind die Klappscheinwerfer, stehende Beleuchtungseinheiten, eine sehr niedrige Gürtellinie und die horizontalen Leuchten am Heck. Die Zusatzscheinwerfer waren unterhalb der Stoßstange verbaut und die Fahrtrichtungsanzeiger vorne in die spitz zulaufenden Kotflügeln verbaut. Der bei Karman gebaute VW-Porsche 914/4 hatte anfangs 1.7 Liter Hubraum, 80 PS und Einspritzung des VW 411 E. Stolze 185 km/h waren neu bei Volkswagen, denn der leichte 914/4 war gegenüber dem 411 E Spender wesentlich agiler unterwegs. Und typisch Volkswagen, der 914/4 hatte dank Mittelmotor vorne und hinten einen Kofferraum.

 

Fuchsfelgen und Porsche Ambiente im Cockpit

Während der 914/6 bereits 1972 nach knapp drei Jahren Produktion aus dem Rennen genommen wird, da zum einen die Nachfrage deutlich nachließ und der preisliche Abstand zum 911 T geringer wurde, erhielt der preislich günstigere Sportwagen 914/4 zunächst einen 1.8 Liter, später 2.0 Liter Motor und wurde noch zwei weitere Jahre hergestellt. Die letzte Serie mit 2.0 Liter-Motor hatte zudem größere Prallflächen, da dieses Modell auch in die USA geliefert wurde. Volkswagen ergänzte den 914/4 nicht nur durch drei Motorvarianten, sondern spendierte dem Flitzer auch eine sportliche Innenausstattung und Extras. Ganz im Porsche Look, der große Drehzahlmesser zentral im Armaturenbrett und Fuchs-Leichtmetallfelgen wie der große Bruder. Witzig war auch der visuelle Trick der Leistungssteigerung, indem die Tachoanzeige auf 250 km/h angehoben wurde. Schneller wurden die 914/4er Modelle dadurch aber keineswegs.

 

Umbauten und Prototypen anhand der Seriennummern identifizieren

Leistungsstärkere Modelle, wenn auch nur in sehr kleiner Stückzahl, wurden durch Porsche realisiert. Beispielsweise lieferten die Stuttgarter ein sogenanntes „Sport-Kit“, das im Rennsport Anwendung fand. Der Porsche 914/6 R oder 914/6 GT wurde in einer Auflage von 32 Exemplaren hergestellt, die bei Rundstreckenrennen durchaus erfolgreich waren. Nachteilig war allerdings, dass durch diese Baukastensysteme und Sport-Kits auch die baugleichen 914/4 Modelle getunt werden konnten und so mancher Käufer merkte erst später, dass er nicht in einem Porsche 914 sondern einem Umbau saß. Ehemalige Vierzylinder-Modelle von Volkswagen, einschließlich dieser Umbauten stammen aus Osnabrück (Karmann) und sind an der Fahrgestellnummer mit den Anfangsziffern „47“ (interne Bezeichnung des 914 bei Volkswagen) zu erkennen. Die Porsche 914er Modelle tragen hingegen immer die Anfangsziffern „914“. Bei beiden Modellen können ohne größere Probleme die luftgekühlten Boxermotoren bis 3.2 Liter Hubraum verbaut werden, was bei den VW Modellen des 914er aber auch die Veränderung der Bremsanlage, der Spurstangen und Anpassungen des Fahrwerks nötig macht. Umbauten und getunte Rennversionen sollten also immer auf dem Typ 914/6 mit der Fahrgestellnummer „914“ basieren.

 

Piëch und Porsche 914/8 Modelle

Zwei weitere Varianten, die aber vorwiegend für die Familienmitglieder Porsche und Piëch produziert wurden, sollten hier noch kurz vorgestellt werden: Porsche 916 und Porsche 914/8. Der 916er war eine leistungsstarke Variante des 914/6, der von Porsche 1971 in einer Auflage von 11 Exemplaren mit unterschiedlichen Ausstattungen gebaut wurden. Eines dieser Modelle haben wir im vergangenen Jahr unter GTÜ-Classic News vorgestellt.

Ein Porsche 916, der Prototyp „Brutus“, einst von Corinna Piëch gesteuert, wurde im Februar 2019 bei Artcurial in Paris unter der Losnummer 124 angeboten und fand für 928.000 Euro einen neuen Besitzer. Vier weitere 916 blieben in der Familie und die restlichen sechs Fahrzeuge dieser Baureihe gingen an VIP-Kunden der Firma Porsche. Der schnellste unter den 914er Modellen aber war der 914/8, von dem zwei Exemplare als Versuchsfahrzeuge gebaut wurden. Den ersten mit 300 PS starkem Boxer-Motor erhielt Ferdinand Piëch und trug die Fahrgestellnummer 914111. Den zweiten mit der Nummer 914006 erhielt Ferry Porsche zu seinem 60ten Geburtstag. Dieses Modell hatte eine Straßenzulassung und einen 260 PS starken 8-Zylinder-Boxer-Motor mit 3.0 Liter Hubraum.

Die VW-Porsche gehörte in Deutschland trotz der abwertenden Bezeichnung „Kohlekasten mit Schlafaugen“, die von Luigi Colani in Umlauf gebracht wurde, zu den meistgebauten Sportwagen seiner Zeit. Von den Vierzylindermodelle (914/4) wurden insgesamt 115.631 Exemplare gebaut. Der Porsche 914/6 kam auf 3.353 Exemplare zuzüglich der elf 916er und zwei 914/8er Modelle für die Familien Porsche und Piëch.