Urtyp mit einem Auge und kaum zu überbietender Komfortlosigkeit
Bereits im Herbst 1935 rief Pierre-Jules Boulanger, der damalige Generaldirektor von Citroën, die leitenden Ingenieure zu sich und erteilte einen klar umrissenen Auftrag. Sie sollten einen Wagen konstruieren, der zwei Personen sowie einen Zentner Kartoffeln mit mindestens 60 km/h transportieren – in anderen Versionen der Legende waren es 2 Personen, Weinfässer, Baguettes und Geflügelkörbe. Dabei sollte das Fahrzeug nicht mehr als 3 Liter Benzin auf 100 km verbrauchen, auch auf schlechten Straßen durchkommen, leicht in der Bedienung und Wartung sein und einen gewissen Grundkomfort bieten. Kurzum: Boulanger verlangte für damalige Verhältnisse die eierlegende Wollmilchsau.
1937 stand dann der erste Prototyp auf dem Hof, der aber nicht vorgezeigt werden konnte. Weitere zwei Jahre vergingen ins Land als die Ingenieure kurz vor Kriegsbeginn 1939 das Fahrzeug soweit abgespeckt und modifiziert hatten und den Prototyp lieferten, der auf der anstehenden Automobilausstellung vorgestellt werden sollte. Der Ur-Prototyp war ein Musterbeispiel nicht zu überbietender Komfortlosigkeit, besaß aus Kostengründen nur einen Scheinwerfer, wog insgesamt gerade mal 400 kg leer, konnte 50 kg Gepäck und zwei Personen aufnehmen, verbrauchte etwa 5 Liter auf 100 km und war überwiegend aus dem Leichtmetall Duralinox gebaut. Die Räder waren aus Aluminium, die Federung bestand überwiegend aus Torsionsstäben und der Motor war von einem BMW-Motorrad ausgeliehen. Die Karosserie größtenteils aus Wellblech oder segeltuchbespannten Aluminiumrahmen.
TBV (Toute Petite Voiture) ging in Kleinserie
Im Mai 1939 hatte man im Werk Levallois bereits 250 Fahrzeuge gefertigt, die noch die Bezeichnung TBV (Toute Petite Voiture – ganz kleines Auto) trug. Mit Ausnahme der Kotflügel war das Auto jetzt komplett aus Duralinox gefertigt und glich bereits dem späteren Citroën 2CV. Das Stoffverdeck konnte man von der Windschutzscheibe bis zum hinteren Nummernschild aufrollen. Die vier Türen hatten keine Griffe und konnten nur von innen geöffnet werden und in den Vordertüren bekam das kleine Automobil Klappscheiben, damit man beim Abbiegen Handzeichen geben konnte – Blinker gab es keine. Der damals noch wassergekühlte 2-Zylinder-Boxermotor musste mit einer Kurbel angelassen werden und das Dreiganggetriebe besaß einen direkt zu betätigenden Rückwärtsgang. Dann kam der Krieg und Citroën hatte andere Prioritäten.
Erst 1948 stellte Direktor Boulanger höchst persönlich den ersten Citroen 2CV auf dem Pariser Automobilsalon als „Allzweckauto“ vor. Das Publikum war anfangs erst einmal verblüfft über dieses Konzept, war aber dennoch schnell von den Vorzügen dieser „Blechdose“ oder dem „hässlichen Entlein“ überzeugt. Weitere lustige Namensschöpfungen folgten und ebenso die Aufträge. Ab 1949 musste zunächst nach Dringlichkeit und Zuteilung geliefert werden, aber bereits von Anfang an waren rund 60% der Produktion für den Export bestimmt.
Geniales Fahrwerk mit zwei Federtöpfen und Trägheitsdämpfern
Das geniale an diesem Fahrzeug war sein Fahrwerk und seine Fahreigenschaften. Vorder- und Hinterräder waren durch einen in der Wagenmitte verbundenen Federtopf auf jeder Seite verbunden und das ungefederte Rad wurde durch einen in einem Zylinder eingebauten Trägheitsdämpfer am Boden gehalten (siehe Abbildung). Durch diese Konstruktion wurden die Räder am Boden gehalten und alle Unebenheiten ausgeglichen. Die typische Schräglage der „Ente“ war zwar ungewöhnlich, aber mit diesem Wagen konnte der Fahrer bei vollem Tempo durch die Kurven fegen, ohne dass das Fahrzeug an Bodenhaftung verlor oder aus der Kurve getragen wurde. Zudem wurden die vier Sitzplätze beibehalten und das Rolldach. Vorne verrichtete ein 2-Zylinder-Boxermotor seinen Dienst und hinten war ausreichend Platz fürs Gepäck.
Die technischen Daten des 1949 ausgelieferten Citroën 2CV:
Zweizylinder-Boxermotor mit Luftkühlung, Hubraum 375 ccm, Leistung 9 PS bei 3.500 U/min. Einscheibentrockenkupplung, synchronisiertes Vierganggetriebe, Kraftübertragung durch Kardanwellen auf Rad- und Getriebeseite.
Die Räder waren 125 x 400 Pilotreifen mit Schlauch auf Felgen mit 3-Punkt-Befestigungsschrauben. Das Fahrwerk bestand aus Einzelradaufhängung mit Wechselwirkung zwischen Vorder- und Hinterrädern. Jeder Lenker ist über einen Hebel und eine Schubstange mit einer Spiralfeder verbunden, die in einem längs zum Fahrgestell angeordneten Federtopf sitzt. Ein Trägheitsdämpfer pro Rad. Vier Reibschwingungsdämpfer (einer pro Rad) und Trommelbremsen an allen vier Rädern.
Kraftstofftank 20 Liter, Gewicht (leer) 495 kg, zulässiges Gesamtgewicht 800 kg. Höchstgeschwindigkeit 65 km/h, Kraftstoffverbrauch 4,5 Liter auf 100 km.
Die Karosserie hatte zwei Haubenaufnahmen, Seitenteile und vier angeschraubte Kotflügel, ein Rolldach, ein Schlusslicht, keine Fahrtrichtungsanzeiger, eine Bremsleuchte und nicht abschließbare Türverschlüsse.
Die Innenausstattung kannte Verriegelungen der vorderen klappbaren Scheiben durch rechteckige Verschlüsse, Lenkrad, kein Zündschloss, ein Anlasser auf dem Armaturenbrett und eine Notkurbel, mattgraue Sitzbezüge ohne Streifen auf Sitzen und Sitzbank mit Rohrgestell.
Zahlreiche Abwandlungen und Typen
Diese seit 1949 im Grunde nur marginal geänderte Ausstattung hatte seine Form bis 1990 beibehalten, aber eine Menge Varianten hervorgebracht. Auf der Basis des Citroen 2CV kam bereits 1951 einen Kastenwagen, den sogenannten 2CV AU Lieferwagen, der vor allem bei Handwerkern wegen seiner großen Zuladung gut ankam. Die Kastenente wurde letztmals als AK 400 im Jahre 1978 angeboten und war das Reisemobil schlechthin für Studenten. Selbst eine Allrad-Ente von 1960, das heute teuerste 2CV 4x4 Sahara Modell, ein Strandflitzer namens Mehari und die zahlreichen Dyana Fahrzeuge, die ebenfalls eine Kasten- und Lieferwagenversion hervorbrachten, gehören in die Ahnengalerie des Citroen 2CV. Anfang der 1970er Jahre erfolgte eine größere Modellpflege und die Aufteilung in 2CV 4 und 2CV 6. Äußerlich kaum verändert, hatten diese Fahrzeuge vorne Scheibenbremsen innen am Motor auf den Antriebswellen, 400 ccm Hubraum mit 16 – 23 PS (2CV 4) und 600 ccm Hubraum mit 21 – 28 PS (2CV 6) im Verlauf der weiteren Bauzeit. Den Schlusspunkt bildeten der 2CV Club und die Sondermodelle 2CV Dolly und 2CV Charleston, die in den 1980er Jahren die Modellpalette bereicherten. 1986 reagierte Citroën auf die geänderten Abgasnormen mit der „I Fly Bleifrei“ Sausss-Ente. Die letzten Citroen 2CV Enten verließen im Sommer 1990 die Produktionshallen in Mangualde (Portugal). In seiner 41-jährigen Produktionsgeschichte wurden insgesamt 5.114.966 Exemplare von dieser aus der Not geborenen und heute als Kultfahrzeug gehegten und gepflegten „Ente“ hergestellt.