Kern des Events bleiben die Skifahrer, neu war der Freundeskreis mit Skibobs
Das Interesse am Skifahren mit altem Equipment wächst und im Skiörtchen Chamrousse kann man diesem Hobby wunderbar nachgehen und noch dazu stilgerecht anreisen. Die ältesten „Bretter“, welche vorgeführt wurden, stammen aus den dreißiger Jahren, komplett aus Holz und noch ohne verschraubte Metallkanten; populär aber sind die farbigen Holzskier der sechziger Jahre, kombiniert mit den ersten Schnallenstiefeln. Eine junge Truppe von einem Skiclub in Grenoble, gerade einmal durchschnittlich rund dreißig Jahre alt, bilden den Kern der Ski-Freunde und demonstrierten, wie perfekt gestylt die Damen und Herren damals die Pisten bevölkerten. Einige stylische Herren im gesetzteren Alter runden dieses beeindruckende Bild ab.
Zur großen Freude ergänzte eine Truppe engagierter Holländer um Yuri Coleman diesen Freundeskreis um historische Skibobs. Und es gab beim angebotenen Slalom sogar Markenkämpfe, genaugenommen trat der Porsche 212 AROVA gegen die weitaus populäreren Hari-Bobs made in Austria an. Im spannenden Finale hatte dann auch der deutsche Fahrer mit dem „großen“ Porsche das Nachsehen. Übrigens kostete es einige Überredungskunst, mit den Skibobs überhaupt die Gondeln nutzen zu dürfen. Diese seien nur für Skifahrer und Snowboard-Fahrer gestattet und so seltsame Gefährte hatte der Leiter der Liftstation Chamrousse Mountain Park noch niemals zuvor gesehen. Erst als Yuri auf seinem Handy einen historischen Film zeigte, durften die Skibob-Freunde passieren.
Ebenso jung, engagiert und perfekt gestylt sind zwei Tanzkreise aus der Region, die den Kern der Abendveranstaltung bilden und den Teilnehmern den Style von damals, durch den die Schönheit der Tänze, vergleichbar mit Charleston-Rhythmen, auch so richtig zum Ausdruck kommt. Der sogenannte Lindy Hop Tanzstil wurde sogar ein Tanzkurs angeboten. Signifikant dabei ist, wie Frauen und Männer, die im Alltag vollkommen unauffällig sind, durch Kleidung und ihren Ausdruck beim Tanz zu Stars werden und die Betrachter verzaubern. Ein Genuss!
Neu war am Begrüßungsabend die Möglichkeit, im historischen Outfit Schlittschuh zu laufen, was ebenfalls sehr gut angenommen wurde.
Geraten die Oldtimer bei so viel Zauber zur Nebensache? Ja und nein. Auf jeden Fall war das Spektrum der etwa 40 teilnehmenden Fahrzeuge sowie der sechs Motorräder und einiger Vespas groß – und auch dieser Bereich wurde konsequent und liebevoll präsentiert. Allein die Herausforderung, stilgerecht die Skier und Schlitten auf dem Dach zu transportieren, verdient Anerkennung. Durch viele Accessoires, auf den Hutablagen präsentiert, wie originalverpackte Schneeketten, alte Skipässe oder alte Landkarten. Original-Reiseaccessoires wie farblich aufeinander abgestimmte Koffer-Sätze kamen bereits bei der Anreise in das morbide und deshalb zur Veranstaltung so passende Hotel „Champ Rousse“ zur Geltung. So geriet das Betrachten jedes einzelnen Fahrzeugs zu einer Zeitreise.
Übrigens, im Jahr 2022 nahm kein einziger Porsche teil und es gab auch keine Mercedes-Benz Pagode. Überhaupt waren nur VW Käfer mehrfach vertreten. Wo kann man schon einmal ein Simca Coupé von 1955 im Schnee-Trimm erleben oder einen Pontiac Silver Streak von 1937.
Während der Veranstaltung 2022 scheinte überwiegend die Sonne und die Straßen waren größtenteils abgetaut. So gesellte sich bei der Samstags-Ausfahrt über die ehemalige Berg-Rennstrecke nach Chamrousse eine Gruppe von Vespa-Fahrern aus der umliegenden Region hinzu, teilweise ebenfalls mit Skiern und Schlitten bestückt. Diese Gruppe weckte bei Veranstalter Sébastien Erinnerungen. Über Vintage-Vespas und die Mods-Subculture fand er den Einstieg in die Vintage-Motorrad-Szene. Heute bevorzugt er eine rare Terrot 350 mit J.A.P.-Einzylindermotor aus den dreißiger Jahren. Die blieb dieses Jahr aber zu Hause. Sep hatte den Arm im Gips.
Warum also fühlte man sich Ende März im verträumten Skiörtchen Chamrousse auf 1.650 Meter Höhe so wohl und sofort angekommen? Es war diese Leichtigkeit der Veranstaltung, ohne Neid und Missgunst – und auch ohne Statuswerte. Hier stand einfach nur im Vordergrund, gemeinsam die gute alte Zeit zu leben und zu erleben.
Fotos: Solitude GmbH