Die Würfel sind gefallen

Noch hat uns der Winter fest im Griff und die Lockerungen der Corona-Regeln in Deutschland werden in politischen Kreisen heftig diskutiert. Trotzdem aber ist die Oldtimer-Veranstaltungslandschaft nach einigen Absagen und Verschiebungen Anfang des Jahres wieder aktiv, vor allem auch im angrenzenden Ausland.

Schweiz:

Unsere Nachbarn aus der Schweiz haben zwar immer klare Corona-Regeln gehabt, zeigten sich aber in der Ausführung verlässlich und schafften so für Veranstalter eine solide Grundlage. Musterbeispiel dafür war in 2020 die Durchführung des Bergrennens Bernina Gran Turismo und im September vergangenen Jahres die reibungslose Durchführung der Veranstaltungen innerhalb des Revivals der Int. St. Moritzer Automobilwoche, beginnend mit der Wiederbelebung des klassischen Beschleunigungsrennens Kilomètre Lancé auf dem Engadin Airport. Und in St. Moritz wird auch die erste öffentliche Veranstaltung in diesem Jahr stattfinden. Am 26. Februar 2022 werden 50 hochkarätige Klassiker in der für die Polo-Rennen errichteten Zeltstadt auf dem zugefrorenen St. Moritzer See zu bestaunen sein, darunter auch Formel-1-Renner und Filmfahrzeuge. Eine Auswahl dreht vormittags sogar ein paar Runden auf der Polo-Rennbahn.

Österreich:

Der Shooting Star unter den Veranstaltungen, das GP Ice Race in Zell am See, war 2020 mit rund 20.000 Zuschauern die letzte publikumsträchtige Outdoor-Veranstaltung vor den Pandemie-Beschränkungen. Dafür wird das Eis-Spektakel aber auch die letzte große Outdoor-Veranstaltung sein, die 2022 (noch) nicht stattfinden konnte. Sei´s drum sagten sich die Veranstalter und zündeten – unter streng eingehaltenem Ausschluss der Öffentlichkeit – ein Feuerwerk an Highlights für Medienschaffende und Influencer. Wo sonst gibt es einen Red Bull-Formel 1 auf dem Eis zu sehen, oder den letzten Paris-Dakar-Wagen von VW über einen Sprunghügel schanzen zu sehen? Und ein Treffen von insgesamt elf Porsche 550 Spyder auf Eis hat es auch noch nie gegeben. Insgesamt aber fährt Österreich einen besonders harten Corona-Kurs und machte publikumsträchtige Veranstaltungen in den vergangenen Monaten nicht möglich. Lediglich die Planai Classic konnte die strengen Auflagen erfüllen und fand statt. Insgesamt aber verweilen die Veranstalter in den Startlöchern.

Frankreich:

Die von der Pandemie betroffenen Zahlen waren stets hoch und Veranstaltungen haben so gut wie keine stattgefunden. Selbst die besondere Oldtimer-Messe Rétromobile in Paris musste von Anfang Februar auf 16. bis 20 März 2022 verschoben werden, unmittelbar vor den Termin der deutschen Leitmesse Techno Classica. Da in Frankreich aber derzeit nahezu alle Einschränkungen fallen, werden alle Veranstaltungen ab März auch stattfinden können; darunter auch die L´Alpine Classique, das besondere Event für Oldtimer und historisches Skifahren vom 18. bis 20. März 2022 im Skiörtchen Chamrousse. Auch die großen Veranstalter wie Peter Auto mit der Le Mans Classic (1. bis 3. Juli 2022) planen unter der Annahme aufgehobener Beschränkungen. Dass die Durchführung der Event unter Corona-Auflagen viel Energie gekostet hat, unterstreicht die jüngste Meldung aus der Normandy. Die Veranstalter des „Beach Race“ nehmen sich ein Jahr Pause und melden sich erst für 2023 zurück.

Italien:

Die Veranstalter der Mille Miglia haben die Durchführung auch während der beiden Corona-Jahre durchgeboxt. Natürlich mit weit weniger weltweiter Teilnahme. Das hatte aber auch eine positive Seite. Es wurden nämlich Startplätze frei für Besitzer von weniger teuren Fahrzeugen. Auch der große Oldtimermarkt in Padua konnte jedes Jahr im Oktober stattfinden. Die Italiener hatten dabei eine ausgeprägte Maskenkultur, auch in den Außenbereichen.

Deutschland:

Den Veranstaltern machte der in Bezug auf die Corona-Maßnahmen Zickzack-Kurs der Bundesregierung sehr zu schaffen. Die Auftaktmesse in Bremen Ende Januar musste digital abgehalten werden und die Retro Classics meldete erst vor wenigen Tagen ein ausgeklügeltes Safe-Expo-Konzept, wurde aber vorsorglich trotzdem von März auf Ende April (21. bis 24. April 2022) verschoben; sehr zum Leidwesen der Motorworld Klassik Bodensee, welche vom 6. bis 8. Mai 2022 stattfindet. Projektleiter Roland Bosch sieht die zeitliche Nähe zweier Oldtimer-Messen zwar grundsätzlich besorgniserregend, mehr zu kämpfen aber hat der erfahrene Messespezialist mit den teilweise drastisch gestiegenen Nebenkosten. Auch andere Messen klagen: Holz für den Messebau ist kaum mehr zu bekommen und selbst Teppich-Lieferanten benötigen einen weit größeren Bestell-Vorlauf. Dann das Personal. Hostessen und Aushilfskräfte sind längst in anderen Branchen untergekommen und auch der steigende Mindestlohn wird die Budgets spürbar belasten. „Die notwendige Ausgabensituation für Messen hat sich drastisch verschlechtert und die Einnahmesituation bleibt unbekannt“, fasst Bosch zusammen. Von ausreichend Besuchern ist zwar im Mai auszugehen, aber für einige potenzielle Aussteller ist das zu spät. Die Planungen und somit auch die Beauftragung von Dienstleistern wie Messebauern erfolgt normalerweise bereits vor dem Jahreswechsel. Beispielhafte Ausnahme ist hier die Württembergische Versicherung und wird somit ihrem Slogan „Fels in der Brandung“ einmal mehr gerecht. „Wir sind auf den Messen in Essen und Stuttgart dabei und werden auch bei verschiedene weiteren Veranstaltungen Flagge zeigen, allem voran bei der Classic Gala in Schwetzingen, wie auch in den Vorjahren“, fasst der Chef der Klassiksparte zusammen. Summa summarum und trotz der enorm schwereren Rahmenbedingungen steht der Veranstaltungskalender mit Leuchttürmen wie dem Solitude Revival vom 22. bis 24 Juli und dem Roßfeld-Bergrennen vom 23. bis 25. September jetzt weitgehend fest und wir wünschen uns gemeinsam mit Ihnen eine schöne Saison 2022.

 

Fotos: Solitude GmbH