Der geflügelte Satz in der Farbwelt ist „Paint-to-Sample“. Der Kunde kann eigene Farbvorstellungen äußern und die Porsche-Experten machen sich an die Arbeit und kreieren diese individuelle Farbe komplett neu. „Die Entwicklung einer neuen Farbe erfordert viel Entwicklungsarbeit“, erklärt Boris Apenbrink, Director Exclusive Manufaktur Vehicles bei Porsche und erklärt: „Es ist ähnlich wie bei der Herstellung von Parfums. Die Art und Weise, wie sie Zutaten zu einem besonderen Duft mischen, gilt auch für unsere „Coloristen“. Für die meisten Paint-to-Sample-Farben dauert die Fertigstellung etwa acht Monate. In sehr seltenen Fällen auch etwas länger, nämlich dann, wenn Fahrzeuge mit irisierendem Chromaflair-Lack handlackiert werden. „Wenn sich das alles nach langer Zeit anhört, müssen Sie bedenken, dass ein moderner Porsche im Gegensatz zu Oldtimern aus unterschiedlichen Materialien gebaut wird. So besteht die Karosserie eines 911 beispielsweise aus Stahl, Türen und Stoßfänger aus Aluminium, das Dach aus Magnesium und dann kommen bei der Herstellung von Außenspiegeln, Griffen und Kotflügeln verschiedenste Kunststoffe zum Einsatz. Diese farblich abzustimmen ist eine Wissenschaft. Aber wenn Sie Ihrem neuen Porsche Ihren ganz eigenen Stempel aufdrücken möchten, lohnt sich das kleine zusätzliche Warten aufgrund der bemerkenswerten Ergebnisse“, betont Apenbrink.
Zu den Oldtimern: Früher waren konservative Farben weit höher im Kurs. Doch das Blatt hat sich in den letzten fünf Jahren gewendet. Besondere Farben sind heute auch hier sehr gefragt. Einer der Pioniere dieses neuen Trends ist Manfred Hering, Chef von Early911s. Seit einigen Jahren ist sein Augenmerk auf Porsche in besonderen Farbkombinationen gerichtet. Der bei dem Porsche-Spezialisten aus Wuppertal abgebildete 911 Targa der „G-Baureihe“ in Orange mit orangefarbenem Interieur ist ein Musterbeispiel dafür. Der ehemalige Pressewagen wechselte ziemlich genau für den doppelten Marktwert eines Modells mit konventioneller Farbgebung den Besitzer. Doch nicht nur die Sechszylinder hatten besondere Farben. In Herings privater Sammlung steht beispielsweise auch der ehemalige Dienstwagen von Huschke von Hanstein, ein Porsche 928 S4 von 1987, den sich der Rennbaron in Türkis lackieren lassen hat. Das Interieur besticht durch einen dunkleren Grünton, natürlich in Vollleder. Noch vor einigen Jahren hätte man beim Betrachten des großflächigen Wagens von „Augenkrebs“ gesprochen, längst aber ist er eine Augenweide. Auch der langjährige Technik-Vorstand Helmuth Bott hatte als Dienstwagen einen Porsche 928 S4, und zwar mit einer ungewöhnlichen Farbe: Ziegelrot.
Der langjährige Designchef Harm Lagaay (1989 bis 2004) war der erste wirkliche Verfechter besonderer Farben bei Porsche auch für die Transaxle-Baureihe. Er selbst fuhr immer eine Sonderfarbe und zur Einführung einer neuen Modellreihe oder auch nur eines Facelifts wurden sogenannte Farbmuster-Wagen erstellt – und diese auch von Porsche-Mitarbeitern im Alltag gefahren. Dadurch gibt es von Porsche bis heute 84 verschiedene Grün-Töne; teilweise mit mystischen Namen wie Lagogrün, Vipergrün, Auratiumgrün oder Onyxgrün-Metallic. Und übrigens: Irischgrün ist sogar als Ferry Porsches Lieblingsfarbe überliefert.
Es lohnt sich auch, einen Blick in die Statistik der ausgelieferten Mercedes-Benz 300 SL Gullwing-Modelle zu werfen. Stolze 530 Fahrzeuge – beziehungsweise 39 Prozent der 1.400 gebauten 300 SL – wurden in Silber ausgeliefert; 387 in Weiß, der zweit beliebtesten Farbe. Gegen Ende der Serienlaufzeit 1956 und 1957 wurden die Kunden in ihren Farbwünschen allerdings immer mutiger. Neben den zehn Serienfarben bot Mercedes dann auch die Möglichkeit, individuell fast jede nur erdenkliche Farbe zu bestellen. Dazu zählten ein heller Elfenbein-Ton, Efeugrün, ein zartes, auf den Namen „Moonstone” getauftes Grau – und sogar ein zartes Rosa. Auch bei dem Mercedes-Klassiker wendet sich gerade das Blatt. Besondere Farben werden immer gefragter. Bereits in den neunziger Jahren gab es von dem Stuttgarter Autobauer übrigens Sondermodelle mit besonderen Farbgebungen: Den 190 E 1.8 AVANTGARDE ROSSO mit schwarzen Stoffsitzen in der Effektmusterung "Arkade". Rund 2300 Stück wurden gebaut; den 190 E 2.3 AVANTGARDE AZZURRO mit vierfarbig akzentuierten Sportsitzen vorn und hinten, rund 950 Stück; und schließlich der 190 D 2.5 AVANTGARDE VERDE mit „Anton“ bezeichneten schwarz-grünen Stoffsitzen. Es wurden rund 750 Einheiten gebaut.
Und noch ein Tipp: Lassen Sie sich doch einmal von zeitgenössischen Farbkarten der Fahrzeughersteller inspirieren, welche farbgewaltigen Kombinationen von Lackierungen in Kombination mit dem Interieur es gab. Ganz gemäß dem Motto: Mut zur Farbe.
Fotos: Mercedes-Benz Classic, Porsche AG, Early911s, Solitude GmbH