Sehr gut, kenntnisreich und schon jetzt ein Klassiker: Roger Gloors BERTONE – PIONIERE DES AUTODESIGNS

Roger Gloor, Fachjournalist der renommierten Schweizer Automobil Revue und geschätzter Autor zahlreicher Fachbücher über Automobilmarken und -themen, hatte über viele Jahre hinweg beruflich die Gelegenheit sich bei Bertone, Pininfarina und auch bei der 1968 vom Bertone-Chefdesigner Giugiaro gegründeten Ital-Design umzusehen, die Hintergründe dieser Design-Schmieden zu analysieren und einige der konzeptionellen Entwürfe selbst zu testen. Insbesondere über die Pioniere des Automobildesigns, Giovanni und Nuccio Bertone, die 1961 ihr neues Werk in Grugliasco bei Turin in Betrieb nahmen, hat der Autor Roger Gloor jetzt ein über 320 Seiten starkes Buch mit rund 1200 Abbildungen erarbeitet, dass bei der Olms Presse in Hildesheim erschienen ist.

Erstes Bertone Werkverzeichnis

Das Buch: Bertone – Pioniere des Autodesigns, ist übrigens das einzige und erste Werk, das ein vollständiges Bertone Werksverzeichnis liefert und sehr detailliert über die Entstehung und Hintergründe der von Bertone gefertigten Modelle berichtet. Angefangen beim Lancia Kappa aus dem Jahre 1921 und dem Fiat 501 Sport Siluro Corsa aus dem Jahre 1923 bis zum Pandion (Maserati GT) und dem Nuccio von Ferrari, die in den Schlussjahren bis 2010 entworfen wurden, kennt das Werkverzeichnis nahezu 320 Modelle, die Bertones Handschrift tragen. Historisch gesehen haben die Karosseriefirmen der Region Turin erheblichen Anteil am Renommee des italienischen Automobildesigns. Firmen und Studios wie Bertone, Boano, Frua, Gandini, Ghia, Ital-Design/Giugiaro, Michelotti, Pininfarina, Scaglione und Vignale sowie die Mailänder-Karosseriebauer Touring und Zagato haben über Jahrzehnte hinweg das Design unserer Automobile geprägt. Das Buch von Roger Gloor zeigt sehr beeindruckend, wie sich diese Karosseriefirmen an die von der Automobilindustrie geänderten Rahmenbedingungen angepasst hatten und beispielsweise in Nischen mit kleinen Serien eigene Kreationen am Markt lancierten. Neben den in vergleichsweise großen Stückzahlen produzierten Cabriolets und Coupes populärer Marken entwickelten die großen Karosseriedesigner Hochleistungssportwagen und Sondermodelle. 

Da aber die Automobilkonzerne bereits ab den 1990er Jahren zunehmend an Überkapazitäten litten, übernahmen die Hersteller die Produktion dieser Nischenmodelle selbst. Die Folge war der Exodus für viele kleine Designfirmen, die sich mit Sondermodellen in kleinen Serien über Wasser hielten. Bertone und Pininfarina hatten überlebt und verblieben somit Italiens letzte unabhängige Karosseriefirmen. Die Kleinen verschwanden unter dem Label der Hersteller wie beispielsweise Ghia unter der Marke Ford und Ital-Design/Giugiaro ging vollständig im Volkswagenkonzern auf. Pininfarinas Unabhängigkeit endete mit der Übernahme der indischen Mahindra-Automobilgruppe, die sich 2014 auch für Bertone interessierte, der finanziell angeschlagen vor dem Ruin stand. Das Schicksal von Bertone steht symbolisch für die Geschichte des Turiner Automobildesigns. Auch diese für die Kultur- und Technikgeschichte bedeutsame Epoche wird in dem Buch von Roger Gloor nachgezeichnet.

 

120 Jahre Autodesign Bertone

Giovanni und Nuccio Bertone entwickelten mit ihren zahlreichen Gestaltern futuristische Conceptcars und inspirierende Vorbilder für die gesamte Automobilindustrie. Bertone steht für eine Vielzahl realisierter Entwürfe, die ihre Gestaltungs- und Praxisqualität in Serienproduktionen beweisen konnten. Das Buch zeigt neben den Bertone-Entwürfen auch die Entwickler und Designer, die für diese Kreationen bei Bertone verantwortlich zeichneten. Berühmte Namen wie Giovanni Michelotti, Franco Scaglione, Giorgetto Giugiaro, Marcello Gandini, Roberto Piatti und Giuliano Biasio sind in diesem umfangreichen Kompendium über die Designleistungen der Marke Bertone ebenso vertreten, wie ihre Kreationen, die für Fiat, Ferrari, Lancia, Volkswagen, BMW, Alfa Romeo, Lamborghini, Jaguar, Aston Martin, NSU, Audi und Ford entstanden. Automobil-Enthusiasten finden in Roger Gloors Werk nicht nur Einblicke in die Automobilgeschichte, sondern auch eine Fülle bisher nicht bekannter Hintergrundinformationen zum Autodesign. Die Vielzahl der 320 Bertone Pkw-Modelle, ihre Beschreibung und Abbildung, ergänzende Tabellen und ein Namensregister von über 1.290 Personen, die von 1912 bis 2019 im Zusammenhang mit Bertone wirkten. Rund 40 Automobilhersteller und Marken vertrauten auf Bertones Gespür für modernes Design.

Das Buch zeichnet die Geschichte dieser italienischen Karosserieschmiede von den Anfängen in den 1920er Jahren bis zum Ende in der Neuzeit. Neben dem ersten und vollständigen Werkverzeichnis zu den Bertone Entwürfen, hat der Autor auch die Wertentwicklungen signifikanter Bertone-Produktionsmodelle in das Werk aufgenommen, listet zudem alle Marken und Hersteller, für die Bertone tätig war und liefert neben einem Literaturverzeichnis auch ein vollständiges Namensregister. Eine sehr gute, kenntnisreiche Historie über den Pionier des Autodesigns.

 

Über den Autor

Roger Gloor, Jahrgang 1937, kam 1963 als Redakteur zur Automobil Revue. In der renommierten Zeitschrift betreute er später Themen der Internationalen Automobilwirtschaft sowie Verkehr und Straßenbau. Er beschrieb und testete neue Fahrzeugmodelle und führte das Ressort „Design“ ein. Zu den herausragenden Werken Gloors, die in keiner Sammlung Automobilbücher fehlen dürfen, zählt unter anderem auch „Vergessene Autos – 300 untergegangene Marken“. Seit seinem Ausscheiden bei der Automobil Revue ist Roger Gloor als freier Automobiljournalist tätig. Er ist Mitglied der Guild of Motoring Writers und erhielt Auszeichnungen der Society of Automotive Historians sowie 2015 den Goldenen Kolben des Forums für Fahrzeuggeschichte.

Das Buch: Roger Gloor, Bertone – Pioniere des Automobildesigns. Mit Einblick in die Automobilgeschichte. 324 Seiten, 1200 Abbildungen, davon 720 in Farbe, Olms-Presse. ISBN: 978-3-487-08632-3, Preis: 88,00 EUR.