Ford Kent Motoren: Pre-Crossflow, Crossflow und Valencia (HCS) - 44 Jahren Bauzeit, nahezu unverwüstlich in zahlreichen Varianten

Der Ford Kent-Motor, in Fachkreisen auch Crossflow-Motor oder quer eingebauter Valencia-Motor genannt, wurde 1959 vom englischen Ford-Konstrukteur Alan Worters entwickelt, der in Kent nahe dem Ford-Werk lebte und dessen erster Kent-Motor heute die Bezeichnung Pre-Crossflow-Motor trug. Somit ist der spätere Crossflow und der Valencia von diesem ursprünglichen Pre-Crossflow abgeleitet worden und weltweit unter dem Sammelbegriff Kent-Motor eingeführt. Der Kent-Motor ist ein großartiger Motor, der in den 1960er Jahren von Ford England entwickelt in zahlreichen Varianten und Modelle der Ford-Werke eingebaut wurde. Den Auftakt machte der Ford Anglia, der 1959 auf den Markt kam, bis hin zum Ford Fiesta der 1990er Jahre, der den Kent-Motor als quereingebauten Typ Valencia implementiert bekam. Daneben ist der Kent-Motor auch in Lotus und Morgan Modellen anzutreffen und letztlich wegen seiner Robustheit auch als BDA-Motor (Belt-Driven-A-Series) im Motorsport eingesetzt worden. Furore machten hier vor allem der Ford Escort RS, der Ford RS 2000 und die Turbolader-Version des Ford Capri Turbo, wie ihn Zakspeed über den Nürburgring scheuchte. Aber der Reihe nach.

Unverwüstlich, robust und großes Stehvermögen

Um es vorweg zu nehmen: der Kent-Motor ist ein großartiger Motor. Nicht unbedingt in Bezug auf seine ursprüngliche Leistung, sondern aus der Sicht seiner Geschichte. Der Motor ist einer der Brot-und-Butter-Motoren von Ford die bis in die 1990er Jahre ihren Dienst taten, in vielen unterschiedlichen Leistungsvarianten gebaut und in zahlreichen Ford-, Lotus- und Morgan Modellen zum Einsatz kam. Bis ins Jahr 2002 war dieser ständig modifizierte Kent-Motor-Block im Einsatz. Sein Nachfolger der Crossflow-Motor legte den Grundstein für die berühmte Cosworth BD-Serien und noch heute werden brandneue Aluminiumblöcke und Aluminium-Zylinder-Köpfe hergestellt, um erneut stärkere Leistungen und größere Hubraumkapazitäten aufzubauen. Nicht umsonst wurde der Kent-Motor (Crossflow) wegen seiner enormen Robustheit und Standfestigkeit mit dem ebenfalls legendären Small-Block Chevy verglichen, nur zauberte der Kent-Motor seine Leistung aus 4-Zylinder-Blöcken, während der Chevy-Small-Block mit 8 Zylindern auftrumpfen konnte.

 

Kent-Motoren Kunde

Die Unterschiede der Crossflow- und Valencia-Motoren zum ursprünglichen Kent- (Pre-Crossflow) Motor findet sich im Zylinderkopf und im Motorblock. Die frühe Version des Kent-Motors, mit 997-ccm Hubraum, wurde erstmals im Oktober 1959 im 107E Ford-Prefect und 105E Ford-Anglia eingesetzt und später mit 1.198 ccm (Anglia und Cortina), 1340 ccm (Ford Classic) und 1.498 ccm (Cortina) hergestellt. Der große Durchbruch kam im September 1967 mit dem Ford Cortina Mk ll. Der Kent-Motor wurde so umgestaltet, dass er einen Querstromkopf erhielt. Diese (Kent) Crossflow-Motoren waren mit 1.297 ccm und 1.598 ccm Hubraum erhältlich, die als 1300- bzw. 1600-Motoren bezeichnet wurden. Der 1600er trug übrigens die Gussnummer 691M. Gut zu sehen ist an diesem Modell der Unterschied zu späteren Versionen, da diese Zylinderkopf-Versionen leicht gekammert war, während die späteren Zylinderköpfe flach ausgelegt waren.

Der größte Unterschied zum Pre-Crossflow war aber die Crossflow-Konfiguration, bei der sich die Einlassöffnungen auf der einen und die Auslassöffnungen auf der anderen Seite des Blocks befanden. Aber auch die Art der Brennraumgestaltung wurde hier angepasst, da der Crossflow-Motor nach dem sogenannten Heran-Prinzip arbeitete, d. h. der Brennraum befindet sich im Kolben und nicht im Kopf. Somit ist auch verständlich, dass der neue Motor im Ford Cortina Mk II unter dem Namen „Bowl-In-Piston“ vermarktet wurde. Mitte 1970 kam dann die nächste große Crossflow-Änderung mit dem Ford Escort Mexico. Die Zylinderköpfe und Motorblöcke wurden als 711M bezeichnet. Dieser 711M-Motorblock wurde mit einem steifen Kurbelgehäuse und stärkeren Hauptlagerdeckeln verstärkt. Weitere kleinere Unterschiede ergaben sich durch eine moderneren Ölfilterpumpe. Ein weiteres Merkmal dieser Generation 711M ist die Stirnfläche des Kopfes, der jetzt flach gestaltet war, während der Block die Kolben trägt. Diese Motorenreihe eignete sich auch hervorragend für das spätere leistungsstarke Tuning, das viele dieser Motoren erhielten. Der 711M-Kent-Motor, der als 1300er- und 1600er in nahezu jedes Ford-Modell eingebaut war, hat sehr viel zum guten Ruf des Kent-Motors beigetragen. Sie finden ihn im Ford Escort Mk I und Mk II, Ford Capri Mk II, Ford Cortina Mk II und auch in den späteren Ford Transit Modellen.

Der Kent-Crossflow lebte weiter in leicht veränderter Form und wurde als Valencia-Version mit 850 ccm und 1100 ccm quer in den Ford Fiesta eingebaut. Wesentlicher Unterschied des Valencia-Motors zum ursprünglichen Kent-Motor-Design sind die fehlenden seitlichen Motorbefestigungsdome, da der Valencia-Motor nur für den Frontantrieb verwendet wurde. Spätere Modelle wurden dann noch für den Ford XR2 Mk I modifiziert und erfuhren mit dem 771M Crossflow-Motor eine weitere Verkürzung des Blocks, um im neuen Ford Fiesta eingepasst werden zu können. Falls ein Tuning vorgesehen ist, bleibt aber der verstärkte 711M Crossflow-Motor die erste Wahl, denn der verkürzte 771M eignet sich kaum dafür.

 

HCS und BDA Varianten des Kent-Motors

Mit Auslieferung der dritten Baureihe des Ford Fiesta wurde der Valencia (711M) -Motor erneut überarbeitet und als Valencia-HCS (High-Compression Swirl) mit höherer Verdichtung und geänderten Zylinderkopf-Design ausgeliefert. Serienmäßig waren jetzt Einspritzanlagen und eine elektronisch gesteuerte Zündanlage verbaut. Ab 1990 wurden diese Motoren dann auch im Ford Escort und Ford Orion verwendet. Die Motoren waren mit 999 ccm, 1118 ccm und 1297 ccm verfügbar. Mit den weiteren Ford Fiesta Baureihen wurde der Valencia-Motor nochmals umbenannt und war nun als Endura-E nur noch in der Hubraumgröße 1297ccm verfügbar. Eingebaut wurde der Endura-E (mit Kent-Grundform) im Ford Ka, im Ford Escort, Ford Orion und in der sechsten Baureihe des Ford Fiesta. Im Jahre 2002 endete dann die ruhmreiche Geschichte der Ford Kent-Motoren. Nach 44 Jahren war dieses Motordesign nicht mehr aktuell und wurde von den neuen Ford Zetec-S und Zetec-Rocam-Motoren ersetzt.

Auch im Motorsport war der Kent-Motor erfolgreich, da die englische Tuning-Firma Cosworth bereits sehr früh die ursprüngliche Kent-Motorbauform mit neu entwickelten Zylinderköpfen und Vierventiltechnik ausstattete. Diese 16Ventil-Variante des Crossflow-(Kent) Motors ist unter der Bezeichnung BDA (Belt Driven A-Series) bekannt, die zunächst im Ford Escort RS 1600 und in der zweiten Baureihe, dem Ford Escort RS 1800 verbaut wurde. Beide Wettbewerbs-Rennwagen waren Rechtslenker, die 1979 mit Björn Waldegård und 1981 mit Ari Vatanen die Rallye-Weltmeisterschaft einfuhren. Die Firma Zakspeed verwendete ebenfalls das BDA-Baumuster in ihrem Capri-Turbo, der in der Deutschen Rennsportmeisterschaft eingesetzt wurde und 1981 mit Klaus Ludwig die Meisterschaft einfuhr. Der Zakspeed Turbo konnte wahlweise mit einem oder zwei Turboladern aufgeladenen Motoren ausgestattet werden, die 1,4 oder 1,7 Liter Hubraum aufwiesen und in der stärksten Variante 600 PS bei 9000 U/min leisteten. Bleibt anzumerken, dass der langlebige Ford Kent-Motor in seiner 1.6 Liter Version auch in der Formel Ford anzutreffen ist. Diese Motoren leisteten 115 PS bei 7000 U/min. und basierten ebenfalls auf dem Kent BDA-Design.

In seiner ursprünglichen Kent-Crossflow-Version war der Motor auch im türkischen Ford-Lizenznehmer Anadol A1, den berühmten gelben Istanbul-Taxis mit 1.3 Liter Hubraum verbaut. Diese Fahrzeuge sind mit ihren enormen Laufleistungen der beste Beweis für die Langlebigkeit des Kent-Motors.